Ausgleich schaffen

Bezirkshaushalt 2007

Rede von Bezirksrätin Birgit Raab zum Haushalt 2007

(Ansbach 14.12.2006)
Es gibt ein unscheinbares Wort, das aber eine sehr wichtige Rolle und Funktion in unserer Gesellschaft bezeichnet. Dieses Wort, das ich meine, heißt „Ausgleich“. Es gibt finanziellen Ausgleich, es gibt sozialen Ausgleich, es gibt weitere Ausgleiche zwischen Menschen, Gesellschaftsgruppen, Institutionen und Organisationen und natürlich auch zwischen verschiedenen politischen Gremien. Der Bezirkstag von Mittelfranken hat hierbei eine ganz wichtige Funktion, denn er trägt zum Ausgleich bei.

Diese Ausgleichsfunktion droht aktuell verloren zu gehen. In einer Ministerratssitzung vor einigen Wochen wurde handstreichartig den Bezirken die Zuständigkeit für die Gewässer 2. Ordnung ab dem Haushalt 2009/2010 entzogen. Dann werden alle Gewässer innerhalb der Bezirksgrenzen zentral von München aus verwaltet. Dabei sind die Bezirkstage viel dichter dran an den Problemen der Gewässer. Sie können leichter entscheiden, was sinnvoller ist und was nicht. Viele Gemeinden, Städte und Landkreise haben noch nicht realisiert, dass bei einem Wegfall der Bezirkszuständigkeit für die Gewässer 2. Ordnung auch ein Zuschussgeber wegfällt. Bisher wurde der kommunale Anteil an den Maßnahmen zwischen Gemeinde und Bezirk aufgeteilt. In Zukunft haben hier die betroffenen Gemeinden ihren Anteil alleine zu bezahlen und die ausgleichende Funktion des Bezirks fällt weg. Die Verlierer sind die Gemeinden, Städte und Landkreise, die ein Gewässer 2. Ordnung haben.

Ein anderer wichtiger Ausgleich des Bezirks besteht im sozialen Bereich und durch seine sozialpolitische Kompetenz. Der Bezirk stellt einen Ausgleich her zwischen „Alten“ und „Jungen“, zwischen Menschen mit und ohne Behinderungen, und er bietet insbesondere im sozialpsychiatrischen Bereich Auffangnetze für „aus dem Gleichgewicht geratene“ Menschen.

Die unwürdige und irrationale Diskussion der vergangenen Wochen zwischen den verschiedenen kommunalen Spitzenverbänden und der Staatsregierung um die zukünftige Verteilung der Zuständigkeiten für die ambulante und stationäre Hilfe zur Pflege und der Eingliederungshilfe für Behinderte erweckt zusehends den Eindruck, dass es nicht um das Wohl der Menschen geht, sondern um schlichte Machtfragen.

Wenn die ausgleichende Wirkung der Bezirke wegfallen sollte, dann müssen die Landkreise ähnlich wie in anderen Bundesländern große Zweckverbände zur Kostensatzverhandlung und Sachbearbeitung gründen oder wir werden in Bayern einen Flickenteppich von sehr unterschiedlichen Betreuungsstandards vorfinden. Wird es dann in Starnberg das Luxuspflegeheim geben und in der nördlichen Oberpfalz bleiben die pflegebedürftigen alten Menschen sich selbst überlassen, falls die sich bereits abzeichnende Landflucht der Jungen anhält? Folge davon wäre mehr Bürokratie und weniger Demokratie.

Ein zentraler Haushaltsantrag von Bündnis 90/ DIE GRÜNEN betrifft die Erhöhung der Mittel um 2,5 Millionen Euro im Einzelplan 4, Soziale Sicherung, im Bereich Wohnen für körper- und geistig behinderte Menschen.

Diese Einrichtungen können seit Jahren nicht mehr kostendeckend arbeiten, weil Nullrunden oder gedeckelte Kostensätze die steigenden Personal- und Energiekosten nicht mehr auffangen. Dies geht in der Regel zu Lasten der Lebensqualität in den Heimen, da die Einrichtungen mit weniger Betreuungspersonal zurechtkommen müssen.

Ich weise darauf hin, dass für das eigene Bezirkspersonal im Etat 2007 bereits Personalkostensteigerungen von über 1% eingeplant sind. Die von uns beantragte Steigerung um 2,85 % ist angesichts der Sparrunden vergangener Jahre eher moderat. Diese lineare Steigerung im Gesamtbudget würde das Klima für faire, in nächstem Jahr anstehende Kostensatzverhandlungen verbessern. Wir verschließen uns nicht einer geplanten zukünftigen Strategie, die „gleiche Leistung für gleichen Preis“ heißt. Wir betonen aber ausdrücklich, dass zukünftige festgelegte Leistungskataloge auf fachlichen Qualitätskriterien aufbauen müssen. Wir werden unsere Zustimmung zum Haushalt davon abhängig machen, ob sich hier von Seiten der CSU etwas bewegt.

Gerade eben hat der Bezirkstag für den Neubau der Maschinenbauschule grünes Licht gegeben.
Wir erinnern daran: Im Juli diesen Jahres hat der Bezirkstag auch einen Grundsatzbeschluss für einen Anbau am Zentrum für Körper- und Sprachbehinderte in Nürnberg gefasst. Auch dafür müssen weitere Investitionsmittel bereitgestellt werden.

Ein weiterer wichtiger Antrag unserer Bezirkstagsgruppe betrifft den Stiftungshaushalt:
Wir beantragen für den Bereich “ Naturschutz und Landschaftspflege“ rund 300.000 Euro mehr bereit zu stellen. Mit diesen zusätzlichen Mitteln wollen wir den Freiraum für Umweltverbände und für den Landschaftspflegeverband Mittelfranken schaffen, um neue Projekte aus dem Bereich Umweltbildung, Landschafts- und Biotoppflege, Artenschutzmaßnahmen sowie für die Sicherung ökologisch wertvoller Flächen umzusetzen.

Auch der Bezirksverband von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN unterstützt uns hier. In einer Bezirksversammlung am 18. November 2006 wurde mit überwältigender Mehrheit die Resolution „Kein Ausverkauf der Natur“ verabschiedet. Der Bezirkstag wird darin aufgefordert, mehr Gelder für Naturschutzprojekte auszugeben.
Das Geld fließt ja nicht einfach nur an diese Organisationen und versickert dort, sondern die Organisationen schaffen regionale Wertschöpfung in Mittelfranken.

Eine satzungsgemäße Verwendung der Stiftungsmittel erfordert deshalb nicht eine Kürzung der Ausgaben für Naturschutz, Umweltbildung und Landschaftspflege, sondern eine Vermehrung. Um die herausgehobene Position des Bereiches „Natur“ deutlicher als bisher sichtbar zu machen, sind die bisher eingestellten Mittel auf rund 600.000 Euro zu verdoppeln.

Gerade die weichen Standortfaktoren wie Natur und Landschaft, das kulturelle Angebot oder auch das Gesicht der Orte, die stark durch die denkmalgeschützten und gepflegten Häuser geprägt werden, sind identitätstiftende Wohlfühlfaktoren für eine Region, in der Menschen gerne leben und leben wollen.

Um auf den Begriff „Ausgleich“ zurückzukommen, braucht die Stadt das Land und umgekehrt das Land auch die Stadt gemäß dem Grundsatz „artenreiches Land – lebenswerte Stadt“.

Zuletzt bedanken wir uns bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Verwaltung und der Bezirkseinrichtungen. Gerne haben sie unsere Fragen beantwortet und uns mit den notwendigen Informationen versorgt. Vielen Dank dafür und für die gute Zusammenarbeit!

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

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