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Die EU-Wahl ist eine Klimawahl

Schwabachs Grünen-Kandidatin Birgit Raab fordert ein Umsteuern in der Verkehrspolitik

SCHWABACH. Die Portion Selbstironie hebt sie sich als kleine Schlusspointe auf: „Ich kämpfe für 40 Prozent“, sagt Birgit Raab lächelnd. Dann nämlich würde sie selbst noch als Listenkandidatin 39 ins neue Europaparlament einziehen. In den Umfragen liegen die Grünen mit 19 Prozent zwar sogar auf Platz zwei hinter der Union, aber ganz so hoch fliegen die Träume natürlich nicht. Was Birgit Raabs Einsatz nicht schmälert. Ihr Antrieb: der Klimawandel. Und da ist ihr nicht nach Späßen.

„Eigentlich ist es fast schon fünf nach zwölf“, sagt sie. „Die EU-Wahl ist eine Klimawahl.“ Höchste Zeit, endlich umzusteuern. Auch und vor allem in der Verkehrspolitik, schließlich ist der Verkehr ein Hauptverantwortlicher für die Treibhausgasse.

Duo mit Michael Cramer

Donnerstagabend im Evangelischen Haus, Wahlkampf vor knapp 30 Interessierten. Titel: „Was sich in der Verkehrspolitik vor Ort und in der EU ändern muss“. Dazu hat der Kreisverband den Verkehrsexperten der Grünen im Europaparlament eingeladen: den 69-jährigen Berliner Michael Cramer, der aber nicht mehr antritt. Cramer zieht die großen europäischen Linien, Raab bricht sie auf Schwabach herunter. „Mein Ziel war eigentlich, seine Arbeit fortzusetzen“, sagt Birgit Raab im Gespräch mit dem Tagblatt ganz offen. Doch ist die Nominierungskonferenz für sie nicht nach Wunsch gelaufen. Die Schwabacherin nimmt es entspannt:  „Dabei sein ist alles.“

15 Jahre im EU-Parlament dabei war Michael Cramer, darunter drei als Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr und Tourismus. Dabei hat er sich durch harte Kritik und kreative Ideen einen Namen gemacht. Harte Kritik etwa an Großprojekten wie der Fehmarnbeltüberquerung und neue Ideen wie den „Europa Radweg Eiserner Vorhang“, der Geschichtsbewusstsein mit sanftem Tourismus verbindet. Dafür hat er 2018 das Bundesverdienstkreuz erhalten.

„Ich fordere nicht mehr Geld für den Verkehr, ich fordere eine andere Verkehrspolitik“, sagt Cramer. Und auch dabei wolle er „ganz bescheiden“ sein. Weniger Auto- und Flugverkehr, Vorrang für die umweltfreundliche Schiene, das ist die große Richtung. „Aber Gleiches Recht für alle wäre schon mal ein großer Fortschritt“, sagt Cramer. 60 Prozent der EU-Finanzmittel flössen in die Straßen, nur 20 Prozent in die Schiene.

Die Verkehrspolitik sei ein entscheidender Faktor in der Klimapolitik. „Hier sind seit 1990 die Treibhausgas-Emissionen um 25 Prozent gestiegen. Das macht alle Einsparungen in der Industrie und in den Haushalten wieder zunichte“, sagt Cramer. „Die größten Probleme haben wir in den Städten, aber auch die größten Chancen.“ Wenn man denn bereit sei zu einer anderen Art der Mobilität. Er selbst verzichtet seit 40 Jahren auf ein Auto und komme bestens klar. Und: „Je weniger Leute Auto fahren, umso besser für die, die wirklich darauf angewiesen sind.“

Alternativen zum Auto

„Ich will niemanden das Autofahren verbieten“, betont Birgit Raab gegenüber dem Tagblatt. Aber „die Dominanz“ des Autos sei ein Problem. Sowohl für das Klima als auch für die Lebensqualität in den von Autos verstopften Städten.

„Kopenhagen mit seinen Radschnellwegen ist ja das große Vorbild“, sagt sie und fügt sofort hinzu. „Natürlich ist Schwabach nicht Kopenhagen, aber Potenzial gibt es auch bei uns.“ Großes Lob hat sie für Schwabachs geändertes Bussystem. Tobias Mayr von den Stadtwerken habe ein „gut durchdachtes Konzept“ entwickelt. „Hochachtung.“

Nicht voran komme Schwabach dagegen in Sachen Fahrradnetz-Konzept. „Immerhin haben wir jetzt eine Halbtagsstelle für die Umsetzung“, so Stadtrat Eckhard Göll.

Klar ist für Birgit Raab: „Autofahren in den Städten muss teurer und unbequemer werden. Das ist eine harte Diskussion, die wir mutig führen müssen und die sich lohnt.“

Presseartikel von Günther Wilhelm vom Schwabacher Tagblatt, erschienen am 18. Mai 2019

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