Rede am 03. Dezember 2009 von Bezirksrätin Birgit Raab
(Anrede)
eine Nürnberger Zeitung titelte vor wenigen Wochen „Am Anfang schwieriger Jahre“. Auch ich glaube, dass die diesjährige Haushaltssitzung 2010 des Bezirkstags Mittelfranken der Auftakt anbrechender, magerer finanzieller Zeiten sein wird. Uns Bezirksrätinnen und Bezirksräte kommt hierbei die Verantwortung und Aufgabe zu, genau zu prüfen, ob die eingestellten Haushaltsmittel effektiv und sachgerecht eingesetzt sind. Hier haben wir eine große Verantwortung – gegenüber der Hilfebedürftigen und gegenüber den Umlagezahlern.
Dominiert wird unser Haushalt vom Sozialetat, der fast 90% des Haushaltsvolumens ausmacht. Es geht um 413,7 Millionen Euro, die vielen hilfebedürftigen Menschen in Mittelfranken zugute kommen. Alleine die neuen Eingliederungshilfen, wie zum Beispiel Behindertenfahrdienst, Frühförderung, betreutes Wohnen oder neue Förderungen im ambulanten Bereich kosten im nächsten Jahr etwa 30 Millionen Euro.
Speziell beim Behindertenfahrdienst gab es viele Befürchtungen seitens der Betroffenen, dass sich die Bedingungen massiv verschlechtern – wenn der Bezirk übernimmt. „Mobilität ist eine zentrale Frage für Menschen mit Behinderungen“ – das haben wir BezirksrätInnen beherzigt und die besten Konditionen in Bayern für die Inanspruchnahme von Behindertenfahrdiensten geschaffen. Da sind wir Mittelfranken Vorreiter und Vorbild.
Vorbildlich ist auch die weitere Stärkung der Selbsthilfegruppen-Arbeit durch den Bezirk Mittelfranken. So war ich selbst bei der Eröffnung zweier Außenstellen des Regionalzentrums für Selbsthilfegruppen Mittel-franken e.V. – KISS in Weißenburg und Ansbach dabei. Das ist ein ganz wichtiges zusätzliches Angebot in Westmittelfranken.
Trotzdem sollten wir uns fragen:
• Sind Menschen mit Behinderungen, Alte, Psychisch Kranke angemessen versorgt?
• Bekommen diese Menschen die Unterstützung, die sie brauchen?
• Verwenden wir „Steuer“mittel in richtiger Art und Weise?
Ein gemeinsames Ziel ist die Umsetzung von „Ambulant vor Stationär“. Doch trotz aller Lippenbekenntnisse und schöner Worte wachsen die Zahlen von stationären Versorgungsplätzen.
Allein in den letzten zwölf Monaten sind durch Beschlüsse des mittelfränkischen Sozialausschusses zusätzliche 160 neue Heimplätze mit entsprechenden Folgekosten genehmigt worden. Dieses Handeln ist das Gegenteil der Förderung von „ambulant vor stationär“ und zementiert bestehende Verhältnisse und Geldströme.
Wir Grüne haben einige Vorschläge und Hinweise gegeben, in welche Richtung es gehen kann.
Erstes Beispiel:
Wir GRÜNE beantragten eine Stellungnahme der Sozialverwaltung zu den unmittelbaren und langfristigen Folgen der seit April 2009 gültigen Behindertenrechtskonvention in Bezug auf Bereitstellung oder Abbau von Heimplätzen, Doppelzimmern und Einzelzimmern. Antwort der Sozialverwaltung: kein Handlungsbedarf.
Zweites Beispiel:
Wir GRÜNE beantragten den Einstieg in die psychiatrische Familienpflege. Der Antrag wurde im Juni vertagt, jetzt wieder vertagt.
Drittes Beispiel:
Wir GRÜNE beantragten, dass eine Sozialausschuss-Sitzung in 2010 unter dem Hauptthema Sozialraumorientierung – Sozialraumbudget mit Einladung eines externen Sachverständigen steht – als Einstieg in die Sozialraumplanung. Der Antrag tauchte bei der letzten Sozialausschuss-Sitzung erst gar nicht auf – vom Bezirkstagspräsidenten wurden wir vertröstet, dass unsere Anregung bei der Planung künftiger sozialpolitischer Fachtage einbezogen wird.
So können wichtige Weichenstellungen auch durch Untätigkeit verpasst werden.
Wir brauchen jetzt ein Umdenken und Umsteuern. Dafür werden wir GRÜNE uns stark machen.
Im Natur- und Umweltbereich werden wir die Anträge des Landschaftspflegeverbandes Mittelfranken zur Erhöhung der Gelder für die Umweltinitiative und eine Erhöhung des Zuschusses für das Hutangerprojekt im Hersbrucker Land unterstützen. Mit dem zusätzlichen Geld sollen in der Umweltinitiative 2007 bis 2010 u.a. mittelfränkische Fließgewässer und ihre Auen aufgewertet werden. Diese Maßnahmen im Altmühlbereich könnten dann gleich als „Puzzleteilchen“ mithelfen, die Algenprobleme im Fränkischen Seenland zu lösen.
Der Regionalgedanke und die Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe sind uns Grünen ein wichtiges Anliegen. Deshalb hat unsere Fraktion beschlossen, der Interessengemeinschaft Regionalbewegung Mit-telfranken als Unterstützer beizutreten. Der Antrag ist schon ausgefüllt.
Wenige Worte zur finanziellen Lage des Bezirks Mittelfrankens:
Schulden machen für laufende Ausgaben ist unverantwortliche Haushaltspolitik und belastet nachfolgende Generationen. Es ist unsere Pflicht und Verantwortung, jede Haushaltsstelle und jeden Posten genau „auf Herz und Nieren“ zu prüfen. Falls sich herausstellt, dass die Einnahmen für gesetzlich vorgeschriebe-ne Aufgaben nicht reichen, dann ist eine moderate Bezirksumlagenerhöhung nötig.
Wir Grüne werden einem Haushalt, bei dem Investitionen und ein Teil laufender Ausgaben auf Pump finanziert werden sollen, nicht zustimmen.
Die grüne Fraktion dankt Herrn Weispfenning und seinem eingespielten Team für die Vorlage des Haushalts – wie immer gibt es von unserer Seite keine Zweifel an Ihrer Arbeit. Unser Kämmerer hat sehr früh Weitblick bewiesen und mit aller Deutlichkeit auf die Risiken im Haushalt 2010 und folgende hingewiesen.
Wir danken den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung und der Einrichtungen, die unter dem Druck der politischen Forderungen und Vorgaben versucht haben, in ihren Ressorts noch Einsparvolumen zu entdecken und der Personalvertretung für Ihren Einsatz.
Ihnen allen danken wir für ein gutes Arbeitsklima und hoffe, dass wir auch in Zukunft, gut zusammen arbeiten werden.
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