Die Zeit ist reif

Öffentliches Fachgespräch „Alternative Therapieformen in der Psychiatrie“ am 27. Juni 2012

Ansbach – Alternative Therapieformen in der Psychiatrie sind eine sehr gute Ergänzung und können oft vor allem Nebenwirkungen reduzieren. Zu einem entsprechenden Fachgespräch hatte die Bezirkstagsfraktion von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN Ärzte, Therapeuten und Pfleger sowie Patienten und betroffene Angehörige eingeladen. Rund 60 waren der Einladung gefolgt, um von den praktischen Erfahrungen der Experten aus München, Hofheim und Ansbach zu lernen.

„Wir wollen Alternativen vorstellen, die sich in der Praxis schon bewährt haben und die vermehrt in unseren Kliniken eingesetzt werden könnten.“, sagte Bezirksrätin Birgit Raab zu Beginn. Francoise Laass, Beauftragte des Bildungszentrums des Kommunalunternehmens der Bezirkskliniken und gelernte Krankenschwester, hatte auf der Depressionsstation Erfahrungen mit Wickeln und rhythmischen Einreibungen gesammelt. „Wichtig ist immer alles zusammen mit dem Patienten zu machen“, so Laass. „Man muss ein Wohlbefinden erzeugen.“ Das Drumherum macht den Erfolg der Wickel und Einreibungen aus. Die Patienten werden angesprochen, die Behandlung gibt professionell Zuwendungen und Zusätze wie Kamille, Schafgabe und Thymian wirken zusätzlich, indem sie z.B. den Stoffwechsel anregen. Bei depressiven Patienten hat Laass gute Erfahrungen etwa mit einem Leberwickel gemacht. Ein Patient der nicht mehr aufstand und sich in seinem Bett verschanzt hatte, ist nach zwei Stunden aufgestanden und hatte wieder Antrieb. „Wie lassen sich Zuwendung und Wickel in den stressigen Alltag einer Krankenschwester integrieren“, fragte eine Zuschauerin. „Wenn Sie geübt sind, dauert ein Wickel nicht länger, als eine Tablette aus dem Stationszimmer zu holen“, antwortete Laass. „Es liegt nur an der eigenen Einstellung, ob man Wickel anwendet oder nicht.“

Ulrich Koch ist Arzt mit der Zusatzausbildung Homöopathie an einer psychiatrischen Fachklinik in Hofheim. „Psychopharmaka gibt es erst seit 55 Jahren, aber Homöopathie wird seit über 200 Jahren in der Psychiatrie angewandt“, erzählt der Arzt. Er selbst behandelt vor allem Patienten mit einem langen Leidensweg und die als „austherapiert“ bei ihm landen. Koch verteufelt die Schulmedizin nicht, aber er plädiert auf ein sinnvolles Nebeneinander beider Therapieformen. „Ein Drittel der Patienten profitieren von der Homöopathie, ein weiteres Drittel hat sehr gute Heilerfolge, bei einem Drittel wirkt Homöopathie nicht“, berichtet Ulrich Koch aus seinem Alltag. „Ich kann nicht immer auf Psychopharmaka verzichten, aber ich kann zumindest den Lebenswert stark steigern.“ Denn wenn er mit Hilfe von Homöopathie Psychopharmaka verringern kann, sinken auch die entsprechenden Nebenwirkungen.

Dr. Wolfram Gentz ist Facharzt für Psychiatrie und Neurologie in München. „Ich wollte nicht so weiter machen, wie bisher“, erzählt Gentz. „So bin ich zur klassischen chinesischen Medizin gekommen.“ Der Arzt und Psychotherapeut hat sehr gute Erfahrungen mit Akupunktur gemacht, vor allem bei Angstzuständen, Depressionen und Sucht. „Ich habe oft erlebt, dass die Akupunktur etwas ausgelöst hat, was die Psychotherapie entschieden voran gebracht hat“, so Gentz. Überhaupt findet der Arzt sehr viele Parallelen in der modernen Psychotherapie und in der klassischen Chinesischen Medizin. Letztere bietet vor allem konkrete Handlungsanweisungen, was z.B. bei Blockaden zu tun ist. Heilkräuter und ausgesuchte mineralische Substanzen, z.B. zubereitet als konzentrierter Tee unterstützen die Therapie.

„Es ist wichtig, die Selbstheilungskräfte zu aktivieren und sie nicht wie so häufig in der Schulmedizin sogar zu blockieren.“, sagte Klaus Hiemeyer von den Bündnisgrünen, der selbst Arzt ist.

Alle drei geladenen Experten betonen: Alternative Therapiemethoden sind eine sinnvolle Ergänzung und ein bedeutsamer Baustein in der Therapie. Wichtig ist, sich auf den Patienten einzulassen und ihm zuzuhören. Gerade die homöopathische oder chinesische Medizin unterstützt die Psychotherapie. Dadurch werden die Heilungschancen insgesamt deutlich verbessert.

weitere Pressemitteilung zum Thema vom 21.09.2006

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